Vorurteile, Ausgrenzung und Verfolgung von Sinti und Roma im Laufe der Jahrhunderte:
Im Mittelalter wurde Sinti und Roma in vielen europäischen Städten der Aufenthalt verweigert. Sie mussten aus diesem Grund außerhalb der Stadtmauern in Zelten leben. Sie waren meist von dunklerer Hautfarbe und wurden als Heiden oder Satanisten beschimpft.
Sie wurden für Vogelfrei erklärt, und die Bevölkerung wurde dazu aufgerufen sie zu verfolgen und zu töten. Man verbot ihnen nicht nur sich niederzulassen, sondern auch einer geregelten Arbeit nachzugehen. Sinti und Roma mussten deshalb ständig in Bewegung bleiben. Sie waren über Generationen auf der Flucht. Obwohl ihnen verboten wurde sich irgendwo anzusiedeln, wurden die gleichzeitig auch ständig für ihr Leben als „Nomanden“ kritisiert. Bis zur Abschaffung der Sklaverei in auf dem europäischen Kontinent wurden viele Sinti und Roma außerdem für Zwangsarbeit missbraucht.
In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts beschloss Kaiserin Maria Theresia ein Gesetz zur „Sesshaftmachung“ von „Zigeunern“. Das Gesetz bedeutete allerdings nicht, dass sich Sinti und Roma tatsächlich niederlassen durften. Den Roma in Ungarn wurde untersagt ihre eigene Sprache zu benutzen. Am schlimmsten war jedoch, dass den Roma ihre Kinder abgenommen wurden und für ungarische Eltern zur Adoption freigegeben wurden. Diese Politik wurde in vielen deutschen Regionen übernommen.
Porjamos – Völkermord an Sinti und Roma:
Im Laufe der Zeit sind Roma und Sinti immer wieder von verschiedensten politischen Gruppierungen zu Sündenböcken für die Probleme ihrer Zeit gemacht worden, ähnlich wie es jüdischen Menschen ergangen ist. Einen traurigen Höhepunkt erreichte die Verfolgung von Sinti und Roma im 20. Jahrhundert. Während der NS-Diktatur wurden Sinti und Roma unterstellt, dass sie kriminelle Eigenschaften hätten, welche genetisch vererbt würden. In allen von Deutschland besetzten Gebieten wurden sie deshalb gejagt, gefangengenommen zwangssterilisiert und in Konzentrationslager deportiert.
Der Völkermord an den Roma wird heute als Porajmos (das Verschlingen) bezeichnet. Der Porajmos wurde nach der NS-Zeit weithin ignoriert. Erst 1982 wurde der Völkermord anerkannt. 2012 wurde in Berlin das Denkmal für die im Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma Europas eingeweiht.
Diskriminierung von Roma und Sinti im 21. Jahrhundert:
Auch heute noch wird diese Minderheit diskriminiert und von Vielen mit Misstrauen beäugt. Um Vorurteile nicht weiterzutragen ist es wichtig, immer die Einzelpersonen als solche zu sehen. Roma-Organisationen berichten von Diskriminierungen durch staatliche Stellen, Diskriminierungen bei der Wohnungssuche und in der Nachbarschaft, bei der Arbeitssuche und Arbeitsmarktintegration.
Selbst in manchen Medien oder Schulbüchern gibt es immer wieder abwertende Darstellungen von Roma und Sinti. So werden sie zum Beispiel häufig als Nomaden dargestellt, die ein lustiges Leben auf Wanderschaft führen.
Auch auf institutioneller Ebene erfahren Roma und Sinti Ausgrenzung und Schikanen so z.B., wenn Lager zwangsgeräumt werden oder sie an bestimmten Orten außerhalb der Stadt in sehr prekären Verhältnissen leben müssen. Die rund 12 Millionen Roma und Sinti in Europa leben häufig isoliert. Dies erschwert den persönlichen Kontakt mit der Bevölkerung und kann somit Unbehagen und Vorurteile erzeugen.
Warum man Sinti und Roma nicht als „Zigeuner“ bezeichnen sollte:
Roma und Sinti lehnen die Bezeichnung „Zigeuner“ ab, weil es sich um eine Fremdbezeichnung handelt. Sie haben sich also selbst nicht so benannt, sondern sind von anderen so benannt worden. Außerdem geht diese Bezeichnung Hand in Hand mit vielen negativen Vorurteilen und Bildern und wird oftmals als Schimpfwort verwendet. Auch wenn du nicht vor hast, Sinti und Roma zu diskriminieren, solltest du auf das Wort verzichten, da es gewaltvoll, stigmatisierend, degradierend und diskriminierend ist und für Betroffene retraumatisierend sein kann.
Antiziganismus
Die Diskriminierung von Roma und Sinti ist auch als „Antiziganismus“ bekannt. Diese Formulierung wird von den Betroffenen jedoch nicht anerkannt, weil sie die abwertende Fremdbezeichnung „Zigeuner” beinhaltet. Einige bevorzugen den Begriff „Anti-Sinti-/Anti-Roma-Rassismus“.
Der Internationale Tag der Sinti und Roma
Der Internationale Tag der Sinti und Roma findet jedes Jahr am 8. April statt. Das Datum erinnert an den ersten Internationalen Kongress von Sinti und Roma, der im Jahr 1971 in London stattfand. Dort trafen sich Vertreter*innen aus 25 Ländern und gründeten die Internationale Roma Union, die bis heute als Dachverband für die nationalen und regionalen Interessensvertretungen von Sinti und Roma auftritt.
Menschen vorzuwerfen, sie seien kriminell, verletzt...
Menschen vorzuwerfen, sie seien kriminell, verletzt...
In der Werkstatt wurde etwas gestohlen, die Arbeitskollegen vermuten: „Das ist doch eine Zigeuner-Aktion!“ Zoni ist es so leid, dass Romas wie er ständig beschuldigt werden, kriminell zu sein.
Menschen ständig vorzuwerfen sie seien kriminell, verletzt diese und kann dazu führen, dass sie sich in ihrer Frustration und in ihrem Ärger immer mehr aus dem gesellschaftlichen Leben zurückziehen.
Viele verschweigen ihre Identität aus Angst, Arbeits- oder Bildungschancen zu verlieren...
Viele verschweigen ihre Identität aus Angst, Arbeits- oder Bildungschancen zu verlieren...
Im Zug diskutiert eine Gruppe Jugendlicher darüber, wie toll doch so ein Nomadenleben wie jenes der Sinti wäre, voller Abenteuer und ohne Verantwortung. Neben ihnen sitzt Alisa, sie ist Sinti und fühlt sich durch diese einseitige Darstellung der Lebensform der Sinti gekränkt.
Die romantische Vorstellung von Roma und Sinti, die der Verantwortung des Alltags entfliehen und frei durch die Länder streifen, entspricht nicht der Wahrheit. Einige leben am Rande der Gesellschaft in schwierigen Umständen, andere haben gewöhnliche Häuser und Jobs. Viele verschweigen ihre Identität aus Angst, Arbeits- oder Bildungschancen zu verlieren.