Tendenz zur Missachtung
Sie wissen meist gut, was Sie als Erwachsener wollen und brauchen. Und sie haben klare Vorstellungen, was Ihr Kind zu tun oder zu lassen hat. Bei Meinungsverschiedenheiten möchten Sie vor allem Ihre Vorstellungen durchsetzen, anstatt gemeinsam mit Ihrem Kind nach Kompromissen zu suchen. Vielleicht sind Sie überlastet oder ein sehr lebhafter Mensch, dem es schwer fällt, in emotionalen Situationen besonnen zu reagieren? Es ist jedoch kein Zeichen von Schwäche, auf die Argumente von Kindern einzugehen. Grenzen zu setzen meint nicht, die kindlichen Sichtweisen zu missachten oder es z. B. durch Beschimpfungen oder Schweigen zu erniedrigen. Kinder, die noch lernen müssen, mit Ungeduld oder Wut umzugehen, nehmen es sich sehr zu Herzen, wenn sie von Eltern missachtet oder abgewertet werden. Sie brauchen – für ihre Selbstachtung und damit auch für die Achtung anderer – ein liebevolles Gegenüber, das mit Nachsicht und Verständnis reagiert. Im Alltag fehlt oft die Zeit, sich auf die Bedürfnisse des Kindes einzustellen, ihm aufmerksam zuzuhören oder seine Sorgen mit ihm zu teilen. Dadurch passiert es schnell, dass uns Kinder lästig werden oder wir sie zur Seite schieben, ohne es zu merken. Auch manche Art, wie wir in Konflikten mit ihnen umgehen, sie z.B. beschimpfen oder demütigen, verletzt die Seele des Kindes. Erwachsenen fällt es oft schwer, sich für eigenes Fehlverhalten bei Ihren Kindern zu entschuldigen. Das ist jedoch keine Niederlage, sondern ein Beweis dafür, dass Sie die Würde des Kindes achten. Es bedarf oft einer genauen Beobachtung und Selbstwahrnehmung, um zu erkennen, mit welchen Worten und Verhaltensweisen wir Kinder verletzen.
Anregung:
Beobachten Sie sich: In welchen Situationen neigen Sie dazu, Ihr Kind nicht ernst zu nehmen und ihm das Gefühl zu geben, nicht erwünscht zu sein? Verstärken Sie den Blick darauf, was Ihr Kind gut kann. Blicken Sie einmal in Ihre eigene Kindheit zurück: In welchen Situationen haben Sie sich damals gedemütigt, abgewertet oder vernachlässigt gefühlt. Dieser Perspektivwechsel hilft nachzuempfinden, wie sich Ihr Kind fühlen könnte. Fragen Sie sich, wie Sie in Stresssituationen reagieren, und überlegen Sie, welche Alternativen es geben könnte. Elternkurse bieten eine gute Möglichkeit, gemeinsam neue Verhaltensweisen zu entwickeln und respektvolle Wege im Umgang mit dem Kind zu finden.
Schlüsselbegriffe:
Wertschätzung statt Geringschätzung; Respekt statt Demütigung; Wahrnehmung der kindlichen Bedürfnisse statt Beleidigung; Selbstbeobachtung und Überlegung, welche Alternativen es zu den bisherigen Erziehungsweisen geben könnte.
Achtung, Respekt
Ihre besondere Stärke ist es, Ihr Kind als eigenständige Persönlichkeit wahrzunehmen und zu achten. Sie spüren, dass Ihr Kind nicht erst zu einem Menschen erzogen werden muss, sondern bereits vom ersten Lebenstag an ein eigenständiges Wesen ist. Einen Menschen wahrzunehmen, heißt auch, ihn in seinen Eigenarten und seinem Anderssein zu respektieren. Das scheint Ihnen mit Ihrem Kind gut zu gelingen. Ihr Kind bekommt Anerkennung, und Sie geben ihm das Gefühl: „So, wie du bist, bist du in Ordnung.“ Damit kann es sich zu einer eigenständigen Persönlichkeit entwickeln. Zur Achtung gehört auch, Formen der Verständigung zu finden, die das Kind nicht klein machen, es demütigen. In Konfliktsituationen finden Sie meist den richtigen Ton und die richtige Art, Ihrem Kind zu vermitteln, dass seine Handlungen zwar im Moment nicht in Ordnung sind, Sie es aber dennoch als Person uneingeschränkt wertschätzen.
Anregung:
Nehmen Sie weiterhin Ihr Kind als Person mit Eigen-Sinn wahr. Gehen Sie auch künftig mit Interesse und Sensibilität auf die Fragen Ihres Kindes ein.